Nachtrag: Von Pontebba nach Venzone (6. Juni 2014)

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Zwei Jahre später kann ich die Strecke von Pontebba nach Venzone, die damals zwischen Dogna und Chiusaforte gesperrt war, als Tagesetappe nachholen und den Weg endgültig abschliessen. Mit der Bahn geht’s nach Pontebba (wieder mit erheblichen Verspätungen und Verzögerungen in Villach und Tarvis, der Fahrplan wird um eine dreiviertel Stunde (!) überschritten), aber schließlich komme ich bei herrlichem Wetter in der alten Grenzstadt an, die bis 1918 zum Kronland Österreich gehört hat. Gleich beim Bahnhof zischt eine größere Gruppe mit Radlern an mir vorbei, das werde ich heute noch öfter erleben (der Radweg ist erst vor einigenTagen offiziell eröffnet worden).

 

Nach ehrfürchtiger Besichtigung des alten Grenzsteines von Pontafel (Pontebba), wo früher die Maut eingehoben wurde (wobei mir das mit der Angabe der Meilen nicht ganz klar ist) und amüsiertem Betrachten der für den Radweg werbenden rosafarbenen Fahrräder, schiebe ich mein eigenes Rad über den Platz, wo gerade der Markt abgehalten wird (Geschäfte gibt es hier eigentlich kaum, man kauft von der Unterwäsche bis zum Speck alles am Markt), und suche dann den weiteren Radweg.

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DSC02378Über eine wenig befahrene Straße geht es aus der Stadt hinaus und dann steil bergauf zu einer Kirche, wo schon eine Horde von Radfahrern versammelt ist, die aber schnell wieder weiterziehen. Am angeschlossenen Friedhof finden sich viele Namen aus dem alten Österreich neben den italienischen, ein friedliches Nebeneinander der Toten. Sie hätten eine wunderbare Aussicht, – wenn nicht die hässliche Autobahn das Tal zerschneiden würde.

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Jetzt geht es noch einmal steil über Serpentinen hinauf und dann bin ich wirklich auf der alten Bahntrasse angekommen:

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Da kommt Freude auf :-)!

Vorbei an der alten Bahnstation von Pietratagliata radle ich nun vergnügt auf der alten Bahnstrecke der Pontebbana, immer wieder mit schönen Ausblicken auf das Kanaltal. Ein genussvoller Gegensatz zur heutigen Bahnführung, die zwischen Ugovizza und Venzone fast nur mehr im Berg und total im Finstern verläuft.

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Immer wieder geht es auch durch Tunnels, nicht alle sind befahrbar, manchmal gibt es Umwege über steile Treppen zu bewältigen.

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Ich schwindle mich an den schnaufenden Damen vorbei, die mich dann allerdings im finsteren Tunnel laut und fröhlich Halleluja singend wieder einholen. (Vielleicht sind sie auf einer Pilgerfahrt ;-)?) Es zeigt sich, dass mein Oldie-Fahrrad doch schon ziemlich altersschwache Mängel mit der Beleuchtung aufweist, – das Lichtlein flackert nur dürftig und spendet kaum Licht, deshalb fahre ich lieber langsam durchs Dunkel.

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Ausblick auf das Kanaltal mit dem Fellafluss

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Vor dem nächsten längeren Tunnel nehm ich sicherheitshalber meine Stirnlampe, wozu hab ich die schließlich, aber viel bringt das auch nicht, weil ich ja die Sonnenbrille aufhabe und so bleibst immer noch duster. Da es eine optische Brille ist und ich ohne sie auch nicht viel sehe, also auch die Brille erst wechseln müsste, lass ich es bleiben, zahlt sich ja gar nichts aus, da fahr ich lieber zur Vorsicht etwas langsamer. Ich hab ja Zeit.DSC02398

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Blick auf Dogna, das von der Autobahn fast eingekesselt wird.

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Blick auf die Julischen Voralpen

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Altes Bahngebäude bei Dogna

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Hier erobert sich die Natur wieder ihr Terrain zurück

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Einblicke statt Ausblicke

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Mit dem Zeit haben und auch dem Zeit nehmen fürs Schauen scheine ich übrigens die Einzige zu sein, ausser mir bleibt niemand stehen, alle anderen radeln schnurstracks und mit fest nach vorne gerichtetem Blick an mir vorbei. Einmal sagt einer verblüfft, als er sich umdreht, um zu schauen, warum ich da stehe, „ach, da wär ein Wasserfall gewesen!“ Ja, und sogar ein sehr schöner :-)!Immer wieder gibt es tiefe Schluchten am Rand des Weges, wo die Wasser herabstürzen.
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Farblich passt mein Oldie-Rad samt Equipment oft genau zu den alten Gebäuden mit ihren Graffiti ;-)!

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Blick auf Chiusaforte und das Raccolanatal

Der Radweg ist auf diesem Teilstück ganz neu gemacht, auch das verfallene, alte Bahnhofsgebäude wurde frisch herausgeputzt und lädt nun als Jausenstation zur Labung ein.

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Wassertankstelle

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Hier wird die Tradition noch hochgehalten. Neben der italienischen, österreichischen und europäischen Fahne weht auch die Kaiserfahne mit dem Adler! Nostalgische Reminiszenzen :-)?! (Nachträgliche Korrektur: Es ist nicht die Kaiserfahne, sondern die Friulanische Fahne, wie mich ein freundlicher Leser aufmerksam machte!)

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Kirche St.Bartolomäus in Chiusaforte

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Immer wieder geht es es an schönen Wasserfällen vorbei

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Und nun geht’s schnurgerade nach Resiutta, hier wird der Bewuchs schon deutlich mediterraner

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Blick ins Resiatal und zum Bergstock des Monte Kanin

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Auf der anderen Seite die Friulianischen Dolomiten

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Der alte Bahnhof von Resiuttta. Hier endet die Pontebbana und auch der Radweg.

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Das Bahnhofsbankerl lädt zur Rast

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Am alten Brunnen kann ich meine Vorräte mit frischem kalten Wasser auffüllen.

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Immer wieder gibt es was zu entdecken

Nun muss ich aber vor allem den Weiterweg entdecken, – es nützt nichts, vorerst muss ich auf die (stark befahrene) Strasse. Zum Glück gibt’s einen Seitenstreifen, auf dem ich mich etwas sicherer fühle.

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Blick auf Moggio Udinese

Über diese alte Brücke geht es dann hinüber auf die andere Seite Richtung Moggio Udinese. Ich sehe gerade zwei Paddler ihre Kanus an Land ziehen, – das wäre doch auch mal was, das Kanaltal mit dem Kanu statt mit dem Rad befahren ;-)!
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Blick von der Brücke auf das Flussbett der Fella

Drüben suche ich nach dem Weiterweg, es geht steil bergauf, und denke schon, da bin ich falsch, aber dann komme ich zu einer Abzweigung, wo ich auf einem Verkehrsschild das vertraute Zeichen des Trails entdecke :-)!

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Nun geht es auf einer kaum befahrenen Nebenstraße angenehm in Richtung Campiolo weiter. Ich krieg langsam Hunger und suche nach einem Rastplatz am Fluss.

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Da wär es schon ganz nett zum Picknicken, aber vielleicht kommt noch was Besseres 😉

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Die alten Begrenzungssteine  machen sich wirklich gut, – welch Unterschied zu den heutigen Leitplanken…

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Die Ortsnamen sind auch in friulianisch angeschrieben


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Nach Campiolo überquere ich den Torrente Glagno der vom Aupa-Tal herunterkommt und der mich mit seinem türkisem Wasser begeistert.

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DSC02466 Und hier sehe ich auch meinen ersehnten Picknickplatz am Fluss, – da will ich hin :-)!

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Ein Weg führt hinunter zum Ufer und dann mach ich es mir auf den warmen Steinen gemütlich, esse mein Schinkenbrot und übe mich anschließend im Kirschkernspucken in den Glagno. Ein sehr idyllisches Plätzchen.

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Nun endet die asphaltierte Straße und es geht in ziemlich tiefem Schotter weiter. Bergab eine Rutschpartie, wie auch die Radspuren vor mir beweisen. In den folgenden unbeleuchteten Tunnels sind riesige Löcher im Boden, bis zu 20 cm tief und breit wie eine Badewanne. Hier heisst es aufpassen!

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Nachdem es ziemlich lange bergauf und bergab, über Schotter und manchmal im Nirgendwo über ein kleines Stück Asphalt gegangen ist, geht es über eine Brücke am Zusammenfluss von Fella und Tagliamento hinüber nach Carnia.

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Alte Eisenbahnbrücke und neue Autobrücke

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Und ganz hinten im Flussbett die Reste einer Was-auch-immer-Brücke 😉

 

Hinter Carnia muss ich wieder auf die Durchzugsstraße, aber nun sind es nur mehr 3 km bis nach Venzone. Und schon bin ich am Ziel angekommen und freu mich, dass ich nun die letzte Lücke am Radweg für mich schliessen konnte.

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Die letzten Erdbebenschäden werden von der Natur gnädig zugedeckt.

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Durchgang ins Nichts. Nur mehr Kulisse.

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Oben hat sich ein fürwitziger Baum etabliert 😉

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Jetzt dominiert in Venzone der Lavendel

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Alles duftet und ist lila und will zum Kauf animieren…(vor zwei Jahren war es hier noch viel ruhiger)

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Aber es gibt immer noch lauschige Gässchen…

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…bauliche Kleinode…

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..witzige Fahrzeuge 🙂

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Im Cafè am Hauptplatz geniesse ich einen Espresso (wieso können nur die Italiener einen so guten Kaffee machen?), ein Eis und ein Mineralwasser und zahle dafür gerade mal 3,10 €!

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Mein Oldie-Rad fühlt sich hier sehr heimisch 😉

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Entlang der Stadtmauer geht es noch mal zum wiederaufgebauten Dom

DSC02489 DSC02490 DSC02491 DSC02492 DSC02493Hier in Venzone habe ich vor zwei Jahren meine erste Etappe am Weg von Villach nach Triest gestartet und nun schließt sich hier am Dom auch wieder für mich der Kreis.  Jetzt ist die Strecke komplett und ich zieh wieder mal den Hut vor meinem alten Rad! Wird ja auch nicht jünger *grins*, aber hält durch. Und ich auch :-)! Schön wars!

4 Gedanken zu “Nachtrag: Von Pontebba nach Venzone (6. Juni 2014)”

  1. Stefan Daschek sagte:

    Sehr schöne Tour. Muss ich glaub ich auch mal fahren 🙂

  2. Puncto Kaiserfahne in Chiusaforte dürfte ein Irrtum vorliegen: Das ist mW nicht die Kaiserfahne, die hätte ja einen Doppeladler, sondern die Friulanische.

    • Ja, hab ich inzwischen auch schon bemerkt! Vielen Dank für die Korrektur!Jetzt ist mir auch klar, wenn es die Friulanische Fahne ist, wieso sie so oft in dieser Gegend zu sehen ist! So viel alte Kaisertreue war mir doch etwas suspekt ;-)!

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