3. Etappe: Grado – Triest

Am nächsten Morgen geht es über Grado-Pineta Richtung Fossalon weiter ins Lagunen-Naturschutzgebiet „Valle Cavanata“. Beim Interspar, den mir der Hotelportier gestern empfohlen und auf der Karte eingezeichnet hat und der auch sonntags geöffnet hat, versorg ich mich mit Getränken und ein paar Tomaten und Weissbrot (was ich dann bis Triest mitschleppe ;-)), dann fahr ich los.


Hier gibt es zwar schöne Radwege, aber selten ein schattiges Plätzchen und es hat schon morgens wieder 38 Grad..

Im Valle Cavanata gibt es einige Beobachtungsstationen, wo ich Bilder von der vielfältigen Fauna zu sehen bekomme, aber in Wirklichkeit sehe ich wenig davon, – selbst den Tieren ist es offensichtlich zu heiss.

Nach einer langen, schattenlosen Strecke mache ich einen kurzen Badestopp am Ufer, wo einige Einheimische baden, aber das seichte, schlammige Wasser ist viel zu warm und auch keine Erfrischung. Aber ich lasse zum weiterfahren nur den Bikini an, so ist es halbwegs erträglich.

Weiter geht es in brütender Hitze über einen fast endlos langen Weg entlang des „alten Isonzo“ aus dem Natur-Reservat zurück zur Hauptstraße.
Nun kommen wieder ein paar Kilometer „Fürchtstrecke“ auf der Hauptverkehrsstraße Richtung Monfalcone (einmal zischt ein Wagen vom Pannendienst so knapp vorbei, dass er fast meine Packtaschen hinten streift), aber dann überquere ich den großen Isonzo knapp vor seiner Mündung und fahre nun wieder ruhig und gemütlich entlang eines Kanals zur Marina Julia, an der sich auch der öffentlicher Strand von Monfalcone befindet.

Knapp vor der Isonzomündung bei Monfalcone

Knapp vor der Isonzomündung bei Monfalcone

Ich würde ja gerne meine heissen, staubigen Füsse hier im Wasser kühlen, aber leider kommt man nirgends richtig dazu.
Aber wenigstens gibt es endlich wieder ein Stückchen schattigen Weg zu fahren.

Knapp bevor ich das Meer erreiche, gönne ich mir ein schönes kaltes Amarena-Eis und einen Liter Mineralwasser mit Zitrone.
Da mir der Strand bei Monfalcone zu voll ist und es auch hier nur sehr flach ins Meer geht, beschliesse ich gleich weiterzufahren. Um mir den Weg durch das Industriegebiet von Monfalcone Richtung Triest und auch die steile Bergfahrt am Anfang der Küstenstraße bei dieser Hitze, meiner reduzierten Gangschaltung und den zwei schweren Packtaschen hinten drauf, zu ersparen, beschliesse ich, eine Station mit der Bahn zu fahren. Ein nettes einheimisches Ehepaar erklärt mir auf italienisch den Weg zum Bahnhof, zwar aufgrund meines mangelnden Sprachverständnisses mit Händen und Füssen, aber ich verstehe, dass ich mit dem Rad nicht länger als eine Viertelstunde für die vier Kilometer brauchen sollte, dann könnte ich den Zug, der in einer halben Stunde geht, noch erreichen. Ich sause los, finde auch wunderbar den Weg ins Zentrum, folge getreu den Wegweisern „Stazione“, bis ich an einer Kreuzung stehe, wo nicht ersichtlich ist, wie es weitergeht. Weit und breit ist niemand zu sehen, den ich fragen könnte, aber dann kommt ein älterer Mann auf einem Fahrrad vorbei, ich rufe ihm zu: „Scusi, signore, dove si trova la stazione?“ und er deutet mir, ich solle ihm nachfahren, er würde auch dorthin fahren. Ich strample ihm nach, es geht ziemlich bergauf, einmal dreht er sich grinsend um, ob ich noch da bin, fragt wohin ich will, er fährt bis Miramare, also wollen wir zum gleichen Zug. Am Bahnhof versuche ich eine Karte am Automaten zu lösen, aber der erste hat kein Wechselgeld, der zweite, bei dem ich mit der Bankomatkarte zahlen kann, spuckt keine Fahrkarte aus (bucht mir aber sehr wohl den Betrag ab, wie ich später auf meinem Bankauszug sehe, zum Glück sinds nur 1,90 €), beim dritten Automaten klappt es endlich, allerdings ohne zusätzliche Fahrradkarte. Auch egal. Drüben am Bahnsteig, sehe ich den Italiener wild gestikulierend herumhüpfen, er schreit „Avanti, Signora, avanti!“…es sind nur mehr zwei Minuten bis zur Abfahrt und es ist der letzte Zug der heute fährt (weil Sonntag ist). Aber ich muss die Unterführung zum anderen Bahnsteig hinunter, es gibt keinen Lift, hab unterschätzt, wie schwer das Fahrrad mit den Packtaschen zu heben ist. Im letzten Drittel kommt mir das Hinterrad nach vorne, ich kann das Rad nicht mehr halten und flieg samt diesem über die letzten Stufen runter. Egal, ich rappel mich wieder auf, aber drüben wieder hinauf ist es noch um einiges schwerer, ein junger Mann sieht meinen verzweifelten Kampf mit dem Rad und bietet mir seine Hilfe an. Er nimmt mir das Rad lächelnd aus der Hand (tja, diese schwachen Frauen ;-)) – und wird dann schlagartig blass, als er merkt, wie schwer es ist. Ich versuch mein Grinsen zu verbergen, bin ihm aber dankbar, dass er das Rad raufschleppt, wir kommen gerade oben an, als der Zug schon einfährt. Hauptsache ich bin drin! Beim Aussteigen in Sistiana-Visogliano hab ich das gleiche Problem bei der Unterführung, bin aber nun schon so schlau, die Packtaschen abzunehmen, runter und raufzutragen und dann erst das leere Fahrrad nachzuholen. Als ich vom Bahnhof losfahren will, gibt die Kette ein hässliches scharrendes Geräusch von sich, ich erschrecke, hoffentlich ist bei dem Sturz nichts gröberes passiert? Aber es hat sich nur das Schutzblech verzogen, ich biege es wieder gerade und nun geht es flott bergab zur Küstenstraße.

Küstenstraße bei Sistiana, ganz hinten das Schloß Duino

Küstenstraße bei Sistiana, ganz hinten das Schloß Duino

Diese Strecke bin ich schon einige Male mit dem Auto gefahren, aber mit dem Rad sieht man natürlich viel mehr. Leider ist der schöne, von der Fahrbahn getrennte Rad-Fahrstreifen, immer wieder durch parkende Autos verstellt (eh klar, es ist Sonntag und hat knapp 40 Grad, fast alle Einwohner von Triest klettern die Steilküsten zu den Badeplätzen hinunter :-)), aber ich bin ja nun – am Ende meiner Fahrt –  schon wesentlicher mutiger beim Fahren mit dem Rad auf Autostraßen und hab mich an die italienischen Fahrweisen gewöhnt. 

Triest kommt hinten schon in Sicht!

ganz hinten kommt schon Triest in Sicht!



Zum Teil geht es an schönen alten Villen vorbei, dann gibt es auch schon den Blick auf Miramare, die Straße kommt immer näher nach unten zum Meer.
Und dann ist es soweit, – ich habe mein endgültiges Ziel – Triest –  erreicht! Das muss ich unbedingt mit der Kamera festhalten! Dass ich dabei einem jungen Mann, der gerade mit dem Auto einparken will, den Parkplatz verstelle, merk ich erst später. Ich erkläre ihm warum ich hier unbedingt fotografieren muss und als er hört, woher ich komme und einen Blick auf mein altes Rad wirft, gratuliert er mir herzlichst und hebt anerkennend den Daumen :-)!

Nun geht es noch an der Promenade von Barcola entlang bis zu meinem Hotel. Der Strand gehört hier ausnahmslos den Triestinern, das Wasser sieht traumhaft aus, ich freu mich schon wieder aufs schwimmen (was ich auch abends noch mache).

Am schönen Platz mitten im Pinienwald von Barcola proben die Studierenden der Triestiner Musikakademie für das abends stattfindende Konzert (das gratis ist und das ich mir natürlich anhöre, es war wunderschön!!), dann bin ich auch schon beim Hotel. 


Abends mache ich es wie die Triestiner und geniesse die Reste meines noch vorhandenen Proviants bei einem Picknick am Meer mit einem kühlen Bier. Als krönender Abschluß meiner Tour wird mir ein traumhafter Sonnenuntergang dazu präsentiert.


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Am nächsten Tag geniesse ich noch das Meer und das baden, bis ich zu meinem Zug, der ab 14:56h vom Hauptbahnhof in Triest abfährt und mich wieder nach Villach (mit umsteigen in Udine) zurückbringt, muss. Am Bahnhof reisst mir die zweite Befestigungslasche der einen Packtasche ab, aber jetzt ist es ja schon egal.
Im Zug treffe ich auf drei Radler aus Kärnten, die die gleiche Strecke wie ich gefahren sind (mit tollen Bikes ;-)) und mit denen ich mich über die Erfahrungen austauschen kann. Sie hatten zum Teil die gleichen Probleme mit der Streckenfindung (wo noch kein Radweg vorhanden war) und auch mit dem Gegenwind vor Grado zu kämpfen. „Ich hab mir gedacht, das gibts doch nicht, ich komm ja kaum weiter!“ erzählt der eine und so weiss ich, daß es weder an meinem alten Rad noch an meiner Kondition lag :-)! Er erzählt auch von zwei Radlern, die in Udine aufgeben mussten, weil bei einem der nagelneuen Bikes die Kette kaputt ging und am Wochenende keine Reparatur möglich war.
SO WEISS ICH DIE QUALITÄT MEINES ALTEN FAHRRADES NOCH MEHR ZU SCHÄTZEN!
Es hat mich sicher und ohne Pannen an mein Ziel gebracht und dafür bin ich dankbar!

Technisches und Praktisches:

35 Jahre altes Steyr Puch Fahrrad mit 26″ Rädern, 3-Gang Nabenschaltung (nur mehr 1. und 2. Gang intakt)

2 Fahrrad-Gepäcktaschen zum einhängen in den Gepäckträger.

Inhalt:
1 Reserveschlauch, 2 Schlauchheber, zwei 15er-Schüssel (für alle Fälle ;-)), Luftpumpe
2 Tabacco-Gebietskarten 1:25.000
1 Straßenkarte über das gesamte Gebiet 1:150.000
1 Alu-Trinkflasche
Campingbesteck
Fruchtriegel und Obst
Reservewäsche
leichte Regenjacke
Badezeug, Handtuch und Badetuch
Sonnencreme
Toiletteartikel
Sonnenbrille, Lesebrille
Reisepass, Handy, Fotoapparat, Pflaster, Bachblüten-Notfalltropfen 🙂

Zur Strecke:
Anhand einer guten Karte findet man sich (fast) überall durch. Notfalls muss man auf die Hauptverkehrsstraßen ausweichen, aber fragen hilft fast immer (so jemand grade zu Verfügung ist), die Einheimischen sind sehr hilfsbereit und haben oft gute Tipps! Auch die Tourismusinformationen(in Udine und Grado) waren sehr hilfreich und versorgen auch mit Kartenmaterial aus dem jeweiligen Gebiet, das sonst nicht käuflich zu erwerben ist!

Zur Unterkunft:
Ich habe mir vorher im Internet einige in Frage kommende Hotels gesucht und notiert, aber nichts reserviert, da ich nicht wusste, wie weit ich wirklich komme.Es gab nie ein Problem und ich habe überall gut und preiswert übernachtet.

 

 

Zum Schluss noch etwas ganz persönliches:                                                                               Ich widme diese Fahrt nachträglich meinen (leider bereits verstorbenen) Eltern. Meine Mutter ist mit diesem Rad bis knapp vor ihrem Tod mit 89 Jahren noch fröhlich herumgekurvt. Mein Vater (der leider schon sehr früh diese Welt verlassen hat) ist – wie ich in seinem Kriegstagebuch vor kurzem gelesen habe – nach dem Ende des 2.Weltkrieges als Funker mit seinem Funkwaggon in Villach gelandet und hat sich – nach einem Marsch über die Berge – ein Fahrrad organisiert, mit dem er 1000 km bis nach Mecklenburg an die Ostsee zu meiner Mutter und seinem während des Krieges geborenen Kindes (meiner Schwester) gefahren ist. Ich bin also offensichtlich erblich für das Fahrradfahren vorbelastet :-). Und hatte auch das Gefühl, das mich ein guter Geist während dieser Fahrt begleitet hat.

16 Gedanken zu “3. Etappe: Grado – Triest”

  1. gratuliere für diesen tollen, lustigen, aufregenden und mit tollen Bildern versehenen Beitrag. Simone und Ich haben uns sehr amüsiert. Unglaublich wie du bei dieser Hitze so viele Kilometer zurückgelegt hast. Toller Text ! Gruß „deine Nachbarn“

  2. Hallo – sehr nett zu lesen, gut gemacht!!! mit so einem Rad zu fahren ist schon respektabel 🙂 – Alles Gute für deine weiteren Radreisen

  3. Michaela sagte:

    Liebe Venzone!
    Habe Deinen Artikel mit großer Freude gelesen, spannend, informativ und mit einer Portion Herz geschrieben.
    Freue mich darauf, eines Tages auf Deinen Spuren wandeln zu können und zu dürfen.
    GLG

    • Liebe Michaela,
      ich wünsche Dir schöne Erlebnisse auf dieser Tour und kann nur sagen, es lohnt sich wirklich! Du wirst auch auf Deinen ganz persönlichen Spuren wandeln, – selbst wenn es die gleiche Strecke ist! 🙂

  4. Jasmina sagte:

    Respekt und danke für diese schöne Reisebeschreibung! 🙂

  5. Ein sehr schöner und stimmungsvoller Bericht; vielen Dank! Vielleicht gibt es ja wieder einmal etwas zu lesen und zu schauen!

    • Hallo Hans,
      freut mich, dass dir der Bericht gefallen hat! Du kannst ja die Bilder der Strecke gut mit deinen eigenen Eindrücken vergleichen! Mir ging es mit deinen Fotos auch so :-)!
      Schöne Radfahrten weiterhin!

      • Hallo Christa, heute habe ich auch dein Picasa-Album entdeckt und mir erlaubt, dir zu folgen. Hoffe, das hat geklappt, denn da gibt es viel Schönes und Interessantes zu entdecken.
        Auch dir weiterhin viele schöne Touren!

      • Hallo Hans,
        ja, vor allem wenn ich das Album immer am laufenden halten würde ;)! Aber ich Arbeit dran! Freut mich, wenn es dir gefällt, danke fürs nette Feedback!

  6. monika hametner sagte:

    Hallo Radlerin, sehr interessante Beschreibung, ich fahre im juni von Salzburg bis Pula, Alpe-Adria Radweg bis Grado und Parenzana von Triest bis Pula. Das Stück zwischen Grado und Triest fehlt mir, hast du da eine Radkarte?

    • Hallo Monika,
      ich habe in Grado im Tourismusbüro eine Regionalkarte über das Naturschutzgebiet bekommen an der ich mich orientieren konnte und zusätzlich hatte ich die Tabasco-Karte Friuli-Venezia-Giulia 1: 150.000 die das gesamte Gebiet zwischen Villach und Triest abdeckt und mir auch schon im oberen Teil des Friaul gute Dienste geleistet hat. An
      hand dieser Karten habe ich mir auch meinen Weg zwischen Grado und Triest gesucht. Einen speziell ausgewiesenen Radweg gibt es dort nicht, aber man kann sich auch nicht ernsthaft verfahren.
      Wünsche dir jedenfalls gute Fahrt!

    • Hans sagte:

      Hallo,
      darf ich mich einklinken? Ich bin diese Strecke letztes Jahr ebenfalls geradelt. Ich hatte die Strecke auf gpsies.com geplant; da sind auch die radtauglichen Straßen gut eingezeichnet. Die dicke blaue Linie ist mein Track: http://www.gpsies.com/mapOnly.do?fileId=vcjrabqxalyqmrle&isFullScreenLeave=true.

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